FREITAG DER 6. WOCHE IM JAHRESKREIS

 

TAGESGEBET

Gott, unser Vater.

Du gibst dich uns Menschen zu erkennen

im Schicksal Jesu von Nazaret.

Als er von allen verlassen war,

hast du ihn durch Leiden und Tod

hindurchgeführt zum Leben.

Lass uns glauben und vertrauen,

dass auch wir in aller Bedrängnis und Not

unterwegs sind zu dir

mit unserem Herrn Jesus Christus,

der in der Einheit des Heiligen Geistes

mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. (MB 316, 30)

 

Oder ein anderes Tagesgebet

 

 

Jahr I

Zur Lesung Mit der heutigen Lesung schließt die erste Reihe der Genesis-Lesungen an den Wochentagen. Der zweite Teil, die Patriarchengeschichte, wird von der 12.-14. Woche gelesen. - Die Erzählung vom Turmbau und der Sprachverwirrung will auf verschiedene Fragen Antwort geben. Da war die mächtige Stadt Babel, deren Name für das hebräische Ohr nach „Verwirrung“ klang. In Babel stand der Marduk-Tempel, genannt „das Haus mit dem hocherhobenen Haupt“. Dort war auch der riesige Stufenturm zu sehen, der den Namen trug „Haus des Fundamentes von Himmel und Erde“. Das Völkergemisch, das in Babel ein und aus ging, sprach viele und unverständliche Sprachen, so dass man denken konnte, alle Verwirrung der Sprachen und Völker habe von dort ihren Ausgang genommen. Der biblische Verfasser - derselbe, der in Kap. 3 den Sündenfall der Stammeltern berichtet hat - sieht in dieser Anhäufung von Macht und Stolz, Wissen und Verwirrung gleichsam die verkörperte, zum Dauerzustand gewordene Auflehnung der Menschen gegen Gott. Gott aber hat diesem Tun der Menschen Grenzen gesetzt; der Turm wird vielleicht die Wolken, aber nicht den Himmel ankratzen. Wie Adam aus dem Paradies und wie Kain vom fruchtbaren Ackerboden weggeschickt wurden, so werden die Menschen aus der Stadt, die sie bauen wollen, in alle Himmelsrichtungen hinausgeschickt. Sie wollten sich mit Gott nicht verstehen, so werden sie auch untereinander gespalten sein. - Wir können das eine verkürzte und einseitige Betrachtungsweise der Menschheitsgeschichte nennen. Auch das Misstrauen gegen Technik und Fortschritt, das im Hintergrund dieser Darstellung sichtbar wird, müssen wir nicht unbedingt teilen. Aber die Warnung, die sich aus einer solchen theologischen Betrachtung der Welt und Geschichte ergibt, sollen wir nicht überhören. - Weish 10,5; Apg 2,5-12; Offb 7,9-10; Gen 3,6.22; Jes 14,12-15; Jer 51,53; Joh 11,52; 10,16.

 

 

ERSTE Lesung

Gen 11, 1-9

Man nannte die Stadt Babel; denn dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt

Lesung aus dem Buch Genesis

1Alle Menschen hatten die gleiche Sprache und gebrauchten die gleichen Worte.

2Als sie von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Land Schinar und siedelten sich dort an.

3Sie sagten zueinander: Auf, formen wir Lehmziegel, und brennen wir sie zu Backsteinen. So dienten ihnen gebrannte Ziegel als Steine und Erdpech als Mörtel.

4Dann sagten sie: Auf, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm mit einer Spitze bis zum Himmel, und machen wir uns damit einen Namen, dann werden wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen.

5Da stieg der Herr herab, um sich Stadt und Turm anzusehen, die die Menschenkinder bauten.

6Er sprach: Seht nur, ein Volk sind sie, und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen.

7Auf, steigen wir hinab, und verwirren wir dort ihre Sprache, so dass keiner mehr die Sprache des anderen versteht.

8Der Herr zerstreute sie von dort aus über die ganze Erde, und sie hörten auf, an der Stadt zu bauen.

9Darum nannte man die Stadt Babel - Wirrsal -, denn dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt, und von dort aus hat er die Menschen über die ganze Erde zerstreut.

 

 

Antwortpsalm

Ps 33 (32), 10-11.12-13.14-15 (R: vgl. 12b)

          R Selig das Volk, das der Herr sich zum Erbteil erwählt hat. - R

(GL neu 56,1)

10      Der Herr vereitelt die Beschlüsse der Heiden,

V. Ton

          er macht die Pläne der Völker zunichte.

11      Der Ratschluss des Herrn bleibt ewig bestehen,

          die Pläne seines Herzens überdauern die Zeiten. - (R)

12      Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist,

          der Nation, die er sich zum Erbteil erwählt hat.

13      Der Herr blickt herab vom Himmel,

          er sieht auf alle Menschen. - (R)

14      Von seinem Thronsitz schaut er nieder

          auf alle Bewohner der Erde.

15      Der ihre Herzen gebildet hat

          er achtet auf all ihre Taten. - R

 

 

Jahr II

Zur Lesung In Jak 2,14-26 haben manche Erklärer einen Widerspruch gegen die Lehre des Apostels Paulus gesehen, der in Röm 3,28 sagt: „Wir sind der Überzeugung, dass der Mensch gerecht wird durch Glauben, unabhängig von Werken des Gesetzes.“ Dem gegenüber legt Jakobus den Akzent viel stärker auf das Tun des Menschen. Von einem eigentlichen Widerspruch kann aber nicht die Rede sein. Paulus musste klarstellen, dass die vom mosaischen Gesetz geforderten „Werke“ (Beschneidung, Reinigungsvorschriften u. a.) den Menschen vor Gott nicht gerecht machen können und in der neuen Heilsordnung keine Rolle mehr spielen. Darin hat ihm auch Jakobus, der „Bruder des Herrn“, zugestimmt (vgl. Apg 15,19-20). Anderseits hat schon Paulus selbst sich ge­gen Missdeutungen seiner Lehre zur Wehr gesetzt (vgl. Röm 6,1-23). Für Jakobus wie für Paulus muss der Glaube sich als lebendig und wirksam erweisen in den Taten der Liebe (vgl. 1,21-27). Ohne sie wären Bekennt­nis und Gottesdienst nutzlos, und der Entlassungsruf „Gehet hin in Frieden“ würde sich als Lüge erweisen. - Gal 5,6; Mt 25,41-45; 1 Kor 13,3; 1 Joh 3,17; Mt 7,21-23; Gen 22,9-10; Hebr 11,17; Gen 15,6; Röm 4,1-3; Gal 3,6.

 

 

ERSTE Lesung

Jak 2, 14-24.26

Wie der Körper ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube tot ohne Werke

Lesung aus dem Jakobusbrief

14Meine Brüder, was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten?

15Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und ohne das tägliche Brot

16und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen - was nützt das?

17So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.

18Nun könnte einer sagen: Du hast Glauben, und ich kann Werke vorweisen; zeig mir deinen Glauben ohne die Werke, und ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke.

19Du glaubst: Es gibt nur den einen Gott. Damit hast du recht; das glauben auch die Dämonen, und sie zittern.

20Willst du also einsehen, du unvernünftiger Mensch, dass der Glaube ohne Werke nutzlos ist?

21Wurde unser Vater Abraham nicht aufgrund seiner Werke als gerecht anerkannt? Denn er hat seinen Sohn Isaak als Opfer auf den Altar gelegt.

22Du siehst, dass bei ihm der Glaube und die Werke zusammenwirkten und dass erst durch die Werke der Glaube vollendet wurde.

23So hat sich das Wort der Schrift erfüllt: Abraham glaubte Gott, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.

24Ihr seht, dass der Mensch aufgrund seiner Werke gerecht wird, nicht durch den Glauben allein.

26Denn wie der Körper ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube tot ohne Werke.

 

 

Antwortpsalm

Ps 112 (111), 1-2.3-4.5-6 (R: vgl. 1a)

          R Selig der Mensch, der den Herrn fürchtet und ehrt! - R

(GL neu 31,1)

1        Wohl dem Mann, der den Herrn fürchtet und ehrt

IV. Ton

          und sich herzlich freut an seinen Geboten.

2        Seine Nachkommen werden mächtig im Land,

          das Geschlecht der Redlichen wird gesegnet. - (R)

3        Wohlstand und Reichtum füllen sein Haus,

          sein Heil hat Bestand für immer.

4        Den Redlichen erstrahlt im Finstern ein Licht:

          der Gnädige, Barmherzige und Gerechte. - (R)

5        Wohl dem Mann, der gütig und zum Helfen bereit ist,

          der das Seine ordnet, wie es recht ist.

6        Niemals gerät er ins Wanken;

          ewig denkt man an den Gerechten. - R

 

 

Jahr I und II

Ruf vor dem Evangelium

Vers: Joh 15, 15b

Halleluja. Halleluja.

(So spricht der Herr:)

Ich habe euch Freunde genannt;

denn ich habe euch alles mitgeteilt,

was ich gehört habe von meinem Vater.

Halleluja.

 

 

Zum Evangelium Der Weg Jesu geht durch das Leiden hindurch (8,31-32), und für den Jünger wird es nicht anders sein. Das hat Petrus gespürt, als er (auch im Namen der übrigen Jünger) Jesus von diesem Gedanken abbringen wollte (V. 32-33). Jesus sagt den Jüngern und dem Volk, dass sie zur Kreuzesnachfolge gerufen sind. Woher in jenem Augenblick das Volk überhaupt kommen konnte, darüber macht sich der Evangelist keine Gedanken. Wichtiger ist ihm, dass dieses Wort für alle gesagt ist: für die große Gemeinde der Jünger, von Ostern bis ans Ende der Zeiten. Kreuzesnachfolge heißt: durch das Bekenntnis und die Tat des Glaubens bei Jesus bleiben, mit ihm gehen, mag es auch das Leben kosten. Die christlichen Märtyrer haben mit diesem Wort Ernst gemacht. - Das Wort vom Kommen des Gottesreiches (9,1) wird verschieden erklärt. Es kann damit kaum etwas anderes gemeint sein als im vorausgehenden Vers 38, also das Kommen Jesu zum Gericht. Andere deuten dieses Wort auf die Verklärung (9,2-8). - Mt 10,38-39; 16,24-28; Lk 9,23-27; 14,25-27; Joh 12,25; Mt 10,33; Lk 12,8-9; 21,32.

 

 

Evangelium

Mk 8, 34 - 9, 1

Wer sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Markus

In jener Zeit

34rief Jesus die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.

35Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.

36Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt?

37Um welchen Preis könnte ein Mensch sein Leben zurückkaufen?

38Denn wer sich vor dieser treulosen und sündigen Generation meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er mit den heiligen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommt.

1Und er sagte zu ihnen: Amen, ich sage euch: Von denen, die hier stehen, werden einige den Tod nicht erleiden, bis sie gesehen haben, dass das Reich Gottes in seiner ganzen Macht gekommen ist.

 

 

FÜRBITTEN

Zu Jesus Christus, der sein Leben für uns hingab, beten wir:

Leite alle Christen an, sich in Wort und Tat zu deinem Kreuz zu bekennen.

A.: Herr, erhöre uns.

Hilf allen, die über andere entscheiden, gerecht zu urteilen.

Schenke allen unheilbar Kranken Tapferkeit, ihr Leid als dein Kreuz anzunehmen.

Führe die Verstorbenen zur Herrlichkeit des neuen Lebens.

Denn du warst gehorsam bis zum Tod am Kreuz. Darum hat dich Gott über alle erhöht. Dir sei Ehre und Lobpreis in Ewigkeit.     A.: Amen.

 

 

„Es ist sehr zum Verwundern, aber es ist so: Wer in unserer zerrissenen Welt die Kräfte der Heilung entbinden will, muss bei sich selbst und seinem babylonischen Herzen beginnen. Dieser neue Anfang geschieht dort, wo ein Mensch heimfindet aus aller Irre zum Frieden, wo er plötzlich merkt: der Gott, den die Menschen in ihrem Wahn aus dem Himmel vertreiben wollten, um dieses Oben dann selbst zu besetzen, gerade dieser Gott hat mich lieb, er interessiert sich für mich, er hat mich unter Schmerzen gesucht, er hat am Kreuz Jesu die Last meines Lebens auf die eigenen Schultern genommen, und nun kann ich ganz schüchtern zu stammeln beginnen: ‚Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben.‘ Wo das geschieht, da ist vom Hügel Golgota ein Stück Genesung in die Welt hineingekommen. Denn nun brechen Kettenreaktionen noch und noch in meinem Leben los: Dann ist Gott für mich nicht mehr etwas so Verblassenes wie eine ‚höhere Macht‘ oder der Inhalt eines Angstkomplexes, sondern dann werde ich zur Liebe frei und muss die empfangene Liebe auch weitergeben; dann entdecke ich den Nächsten in meinen Leben, den Gott mir anvertrauen will. Nun ist die Angst weg und die Sorge und der Druck des Unheimlichen. Nun kann ich wieder atmen, und indem ich es kann, ist an einer Stelle die Frische der Ewigkeit und der Hauch des Lebens in die Welt gebrochen“ (H. Thielicke).

 

P. Anselm Schott

Messbücher-Namensgeber Pater Schott vor 125 Jahren gestorben (23.04.2021)
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